Gesang: Cristin Claas
Piano, Fender Rhodes, Gesang: Christoph Reuter
Saxophone, Flöten, Bansuri, Gesang: Jörg Naumann
Cello: Gerald Manske
Gitarren: Stephan Bormann
Drums, Tabla, Percussion: Thomas Rüdiger
Percussion: Falk Röske
Akkordion: Tobias Morgenstern
Bass: René Kutschmann
Aufgenommen im Carl-Maria-von Weber-Theater Bernburg im April 2002, gemischt im Klangbüro Berlin von Frank-Uwe Neis.
Artwork: Katrin Zickler
Design: Christian Melms
- Sad love song
- Icons of longing
- Lost letters. Found
- Snow
- Who’s to blame?
- Hope
- Tree
- Embrace the sun
- Good news
- Rain
Emotionaler Tiefgang im ureigenen Sound
Wieder war sie fleißig, die Kreativabteilung von l’arc six … Reflexionen über Schuldfragen, Liebesbeziehungen, stehen gebliebene Uhren stehen im Vordergrund. Unterlegt von Lyrismen, deren unspektakuläre Schönheit auch dann nicht leidet, wenn sich mal ein etwas griffigerer Rhythmus oder ein etwas populärerer Tonfall einstellt. Wieder beweist die Gruppe ihr Gespür für die Dosierung von Anleihen aus wohlbekannten Klang- und Formhülsen: lupenrein sind Rock, Blues, Funk, Pop oder Jazz bei ihr nicht zu haben, als feine Abrundung des eigenen Sounds sehr wohl. Weshalb dieser auch kaum in eine der vielen Schubladen der Szene passt: die überaus wandelbare und ausdrucksstarke Stimme Cristin Claas‘, das filigrane Fingerspiel Christoph Reuters auf Flügel und E-Piano, das atmosphärische Grübeln von Jörg Naumann auf seinen Saxophonen und Flöten, die melancholischen Bögen vom „Klassiker“ der Truppe Gerald Manske am Cello, die oft auch sehr subtilen Beigaben von Schlagzeuger Thomas Rüdiger. Mit von der Partie sind auch die drei Gäste, die schon bei der Live-Präsentation in einigen Liedern spezifische Akzente setzten: Stephan Bormann, der seiner Gitarre feinnervige Klänge entlockte, Falk Röske mit seinem vielseitigen Percussions-Instrumentarium und René Kutschmann, der sich nach bester Familientradition an einem Tieftöner betätigt, dem Kontrabass.
Melchior Frank, Mitteldeutsche Zeitung
Kühler Klang des Kristalls
Schon der Name gibt ein Rätsel auf und trägt die Lösung in sich: Wer auf der Suche nach einer sinnfälligen Übersetzung für „l’arc six“ resigniert, ist den ersten Schritt zum Verständnis jener Band gegangen, die sich hinter dem Arrangement aus französischem „Bogen“ und englischer „Sechs“ verbirgt. Denn je öfter man die Worte vor sich hin spricht, desto weiter tritt die darin enthaltene Frage hinter ihren Klang zurück. Und am Ende muss man sie nicht mehr verstehen, sondern lauscht ihnen einfach versonnen nach.
Das gilt auch für die Stücke auf dem Album „lost letters.found“, das morgen abend im Bernburger Theater vorgestellt wird: Wann immer man das Sextett bei einem gängigen Stil ertappt zu haben glaubt, wird man von einer Wendung ins Unverhoffte überrascht. Doch die rhythmischen und melodischen Verschiebungen, die wechselnden Hierarchien im Stimmgefüge und die exotischen Klangfarben zerreißen das transparente Gewebe nie. Eher erinnern die Kompositionen an raffiniert rotierende Kristalle, die im wechselnden Licht immer neues Funkeln offenbaren.
Diese kühle Eleganz verdankt sich auch der Sorgfalt, mit der die Musiker diesmal zu Werke gingen. Nach einer ersten öffentlichen Präsentation des neuen Materials zogen sie sich im April in das Theater Bernburg zurück, wo räumlich und atmosphärisch perfekte Bedingungen herrschten: Nachdem auf der Vorgänger-CD „Seven Wonders“ wegen des beengten Aufnahme-Studios manche Stimmen untrennbar verschmolzen waren, konnte sich Cellist Gerald Manske diesmal einen separaten Platz im Rang suchen, während sich Schlagzeuger Thomas Rüdiger hinter den Eisernen Vorhang zurückzog. Und während Sängerin Kristin Wieduwilt in Bernburg ein Heimspiel hatte, genoss Pianist Christoph Reuter den Luxus eines Bösendorfer-Flügels.
Vom Ergebnis ist nun auch Saxophonist und Sänger Jörg Naumann überzeugt, der für fast alle Texte verantwortlich zeichnet und die im Alltag zwischen Berlin und Weimar zerstreute Band vor Ort vertritt. Nach den disparaten stilistischen Ansätzen, die schließlich die Vorgänger-Formation „Bläck Pause“ gesprengt hätten, höre man auf „lost letters.found“ den musikalischen Konsens aller Beteiligten. Und daran, dass das Ergebnis derart reifen konnte, hätten paradoxerweise sogar der zeitweilige Verlust von einigen zusätzlichen Aufnahmen und die damit verbundene Verzögerung bei der Veröffentlichung einen positiven Anteil.
Naumann, der neben dem musikalischen Kopf Christoph Reuter und der stimmlich prägenden Kristin Wieduwilt auch wesentlichen Anteil an den Arrangements nimmt, steht im übrigen für ein weiteres kleines Wunder. Seine ausschließlich englischsprachigen Texte weisen in ihrer poetischen Souveränität und in ihrem Bilderreichtum weit über die gängigen Klischees hinaus – selbst wenn der hauptberuflich als Optiker arbeitende Autor sie (analog zur Musik) als emotionalen Code verstanden wissen will. Bei einer katholischen Messe, sagt er, wäre die Spiritualität ja auch nicht primär vom Verständnis des lateinischen Textes abhängig. Dass solche Fähigkeit freilich den Genuss an Songs wie „Icons of Longing“ oder „Sad Love Song“ zusätzlich steigert, dürfte sich morgen abend in Bernburg zeigen.
Andreas Hillger, Mitteldeutsche Zeitung