10 Jahre l’arc six – Das Jubiläumskonzert in der Marienkirche Dessau
24. Oktober 2009
19:30
Dessau
Marienkirche

Eine Reise durch zehn Jahre Musik
Die Band l’arc six feiert das Bandjubiläum vor begeisterten Zuhörern in der ausverkauften Marienkirche.

Generell widerspricht dieses Bekenntnis dem kreativen Willen zum Fortschritt, für den speziellen Anlass aber ist es durchaus tauglich. „The perfect thing“, singt die elegante junge Dame im schwarzen Kleid, „is a circle.“ Und tatsächlich darf man an diesem Samstagabend in der Dessauer Marienkirche glauben, in einer Zeitschleife gelandet zu sein. Dessaus originellste und verlässlichste Band l’arc six feiert hier ihr zehnjähriges Bestehen – und man blickt mit geteiltem Auge auf diese Zeit zurück. Denn einerseits sind sie natürlich alle älter geworden – und andererseits stehen sie pünktlich zum Jubiläum wieder wie am Anfang da.

Ein Rückkehrer spielt

Das liegt nicht nur an der Erkrankung des Gitarristen Stephan Bormann, der erst bei der dritten CD „lost letters.found“ zur Band stieß und an diesem Abend schmerzlich vermisst wird. Es liegt vor allem an einem Comeback, das die Sollstärke auf der Bühne dann doch wieder garantiert und zugleich den akustischen Schwerpunkt in Richtung Ur-Besetzung verschiebt: Der Percussionist Falk Röske ist nach jahrelanger Abwesenheit zurück! Und er nimmt neben dem Schlagzeuger Thomas Rüdiger Platz, als sei er nie weg gewesen.

Sentimentale Reise

Das liegt natürlich auch an dem Material, das l’arc six als Gepäck auf diese sentimentale Reise mitgenommen haben: Der Regenbogen von „Seven wonders“ ist ebenso dabei wie die Wahrheit des „Impossible kingdom“, „Empty my cup“ ebenso wie das „Icons of longing“ – lauter gute Bekannte, denen man zuletzt nur noch auf CD begegnen konnte und die in ihrer Live-Version mit den Jahren doch gereift sind. Dies ist das Schöne an diesem Abend: Weil aus der schüchternen Kristin Wieduwilt binnen zehn Jahren die selbstbewusste Cristin Claas geworden ist, deren Präsenz und Stimme längst auch größere Räume als den Ort des allerersten Konzertes zu füllen vermag, klingen manche Lieder überraschend neu – und zugleich so, wie sie immer gemeint waren. „Say you’re mine“ ist so ein Stück, das plötzlich schlummernde Hit-Qualitäten offenbart und dem man nicht anhört, dass Saxophonist Jörg Naumann es an einer Autobahn-Raststätte geschrieben hat. Oder „Saturday afternoon“, der Titel der Debüt-CD, zu dem sich Pianist Christoph Reuter von einer Radtour durch einen Leipziger Park inspirieren ließ. Oder „Wild milk“ oder der wunderbare „Flamekeeper“ …

Das Sextett geht durch dieses Repertoire wie durch altvertraute Räume, zu denen sich die Türen neu geöffnet haben – und spielt selbstverständlich auch die frischen Stücke, die mit der Anhaltischen Philharmonie und dem Chor der Landesschule Pforta für „In every detail“ aufgenommen wurden. Dass Cristin Claas dafür vier Sängerinnen auf die Bühne holt, die sie während der Pause im Publikum entdeckt hat, ist eine passende Geste zum rechten Moment. Die eigentliche Erkenntnis aber ist, dass Stücke wie „Federleicht“ oder „Immer in Bewegung“ keine Streicher außer den Cellisten Gerald Manske und keine Bläser außer Jörg Naumann brauchen. Die Band, die sich zuletzt in großen Projekten verwirklicht hat, ist wieder bei ihrem Kern angekommen. Und das macht Hoffnung auf mindestens zehn weitere Jahre l’arc six.

Andreas Hillger, Mitteldeutsche Zeitung